Bereits zwei Wochen nach Inbetriebnahme erhielt das Bundesasylzentrum grosse mediale Aufmerksamkeit, als der städtische Sozialvorstand Raphael Golta (SP) die Unterbringung als «nicht menschenwürdig» beschrieb (NZZ, 13.11.2019). Anderthalb Jahre später, im Juni 2021, brodelte es wieder heftig. Ehemalige Mitarbeiter*innen berichteten von chaotischen Zuständen, Prügeleien, Selbstverletzungen und chronisch überforderten Angestellten. Die hohe Fluktuationsrate beim Betreuungs- und Pflegepersonal würde Bände sprechen (Tages–Anzeiger, 18.06.2021).
Das Mass sei voll, finden nun die Alternative Liste und die Grüne Partei und bringen das Bundesasylzentrum Duttweiler wieder aufs politische Parkett. Trotz andauernder Kritik sei es zu keinen merklichen Verbesserungen gekommen und die Unterkunft entspreche schlicht nicht dem, was dem Stimmvolk versprochen worden sei. Ihr Postulat mit dem Titel «Auflösung des Bundesasylzentrums Duttweiler und Aushandlung einer menschenwürdigen Unterbringung von Asylsuchenden in der Stadt» wurde am 7. September vom Zürcher Gemeinderat mit 65 zu 51 Stimmen überwiesen. Die Verträge mit dem Bund sollen aufgelöst und neu verhandelt werden. Falls sich die Verhältnisse in der Unterkunft auch danach nicht verbessern, muss die Stadt das Zentrum mit 360 Unterbringungsplätzen schliessen – so die Forderung des Postulats. Der Ball liegt nun beim Stadtrat. Gegner*innen des politischen Vorstosses sprechen von unnötiger Symbolpolitik, da die Verträge mit dem Bund in den kommenden Jahren sowieso nicht aufgelöst werden könnten. Befürworter*innen wiederum sehen im Postulat ein wichtiges Zeichen und Druckmittel auf Stadt und Bund, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in der Unterkunft nachhaltig zu verbessern.
Das Bundesasylzentrum Duttweiler sollte eine Unterkunft mit «Vorzeigecharakter» werden. Dies scheint bis dato definitiv nicht der Fall zu sein. Was aber Vorzeigecharakter hat, ist das Engagement von Politiker*innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen, (ehemaligen) Mitarbeiter*innen und Journalist*innen. Die Menschen in der Unterkunft werden wahrgenommen; es wird hingeschaut, öffentlich wirksam debattiert, eingefordert und verhandelt. Das Duttweiler ist ein integraler Teil der Stadt und im Vergleich zu vielen anderen Bundesasylzentren kein vergessener Ort abseits der restlichen Bevölkerung – das hat Vorzeigecharakter.
Übrigens, für das Jahr 2025 ist in Rümlang die Eröffnung des dritten Bundesasylzentrums der Asylregion Zürich geplant. Die Unterkunft ohne Verfahrensfunktion für 150 Bewohner*innen soll in einer militärischen Anlage eingerichtet werden.
Videobeitrag Top online, 09.09.2021
Bluewin, 08.09.2021
P.S., 10.09.2021